Die Geschichte der europäischen Integration beginnt nach dem zweiten Weltkrieg, als es darum ging, wie man künftig kriegerische Auseinandersetzungen vermeiden kann. Die Europäer waren sich weitgehend einig, dass eine zukunftsfähige Friedensordnung nur unter Einbindung Deutschlands in Westeuropa und eine politische Autonomie Europas gegenüber den USA und der Sowjetunion nur zielführend sein würde, wenn man die zersplitterten Kräfte der europäischen Staaten in einem wirtschaftlichen und politischen System zusammen bündeln würde. Die fortdauernden Rivalitäten der Europäer aus der Vergangenheit sollten durch die vertragliche Einbindung der einzelnen Staaten in ein gemeinsames Europa beendet werden. Man war sich bewusst, dass die Vorteile eines größeren Wirtschaftsraumes neue Perspektiven für alle eröffnen würden. Auch wenn man das übergeordnete Ziel einer europäischen Integration vom Ursprung her als wirtschaftlich motiviert ansehen kann, so war und ist die wirtschaftliche Integration untrennbar mit der politischen Einigung der europäischen Staaten verbunden. Aus einer anfänglichen Zollunion wurde eine Wirtschaftsunion, auf die 2002 die Währungsunion folgte. Das Ziel einer politischen Union wird sicher noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Inwieweit tatsächlich ein Staatenbund oder ein Bundesstaat entstehen kann, werden die nächsten Jahrzehnte zeigen. Die europäische Integration ist geprägt von der Verwirklichung des Binnenmarktes. Seit der Amsterdamer Fassung des Vertrages über die Europäischen Gemeinschaften von 1997 gilt er als errichtet. Zur Kennzeichnung dieser Entwicklung spricht man auch vom Gemeinsamen Markt. Aufgabe der Europäischen Union ist es jetzt, die in diesem Vertrag bezeichneten allgemeinpolitischen Ziele umzusetzen und den Weg von ener Wirtschaftsgemeinschaft zu einer politischen Gemeinschaft fortzusetzen.
Der Gedanke der Integration zeigt sich in vielfältiger Hinsicht. Der Gemeinsame Markt will die Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten miteinander verschmelzen, nicht aber ihre Sprache, Kultur, Identiät oder Tradition beseitigen. Das wirtschaftliche Geschehen soll sich nach weitgehend einheitlichen Regeln und Bedingungen abspielen. Im Gemeinsamen Markt, der ein Binnenmarkt ohne wirtschaftliche Grenzen sein soll, müssen die vier Freiheiten des EWG-Vertrages verwirklicht sein. Dazu gehören der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Um dies zu erreichen, mussten nicht nur die sichtbaren Schranken an den Grenzen wie Pass- und Zollkontrollen abgebaut werden, vielmehr geht es auch um den Abbau unsichtbarer Hindernisse in den nationalen Rechtsordnungen, die in Form von unterschiedlichsten Rechtsvorschriften und Verwaltungsbestimmungen den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital behindern. Dabei spielt immer wieder der Begriff des Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten eine Rolle, wenn einzelne Mitgliedsstaaten in bestimmten Bereichen eine tiefere Integration oder eine schnellere Entwicklung anstreben, um zu gewährleisten, dass nicht der langsamste oder am wenigsten kooperative Mitgliedsstaat das allgemeine Integrationstempo der Gemeinschaft bestimmt. Beispiele hierfür sind das Schengener Abkommen, in dem einzelne Staaten auf die Grenzkontrollen verzichten oder die Währungsunion mit der Einführung des Euro. Integration gelingt letztlich nur, wenn einzelne Staaten auf eigensinnige Vorbehalte verzichten. Mit dem Druck der wirtschaftspolitischen Entwicklung von Staaten wie China, Indien oder Brasilien wird der Zwang auf die Europäer sicherlich zunehmen, ihre Integrationsbemühungen fortzusetzen.